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Merkels Mehrheit für Euro-Rettung wackelt

Abgeordnete aus Union und FDP machen Front gegen die Ausweitung des Euro-Rettungsschirms - und brachten bei einem Probevotum die Kanzlermehrheit ins Wanken. Die Opposition spricht von einer "Zerreißprobe" für die Koalition, die SPD verlangt Gegenleistungen für eine Zustimmung.

 

Berlin - Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) muss weiter um eine eigene Mehrheit der schwarz-gelben Koalition für die umstrittene Ausweitung des Euro-Rettungsschirms EFSF fürchten. Bei der Probeabstimmung am Montagabend gab es zu viele Abweichler in den eigenen Reihen.

Zwar stimmten beide Regierungsfraktionen dafür, den Gesetzentwurf ins Parlament einzubringen. Allerdings gab es in der Union nach Fraktionsangaben zwölf Nein-Stimmen und sieben Enthaltungen. Bei den Liberalen stimmten zwei Abgeordnete dagegen, vier enthielten sich.

Damit ist derzeit eine eigene Mehrheit von Schwarz-Gelb bei der Abstimmung des Bundestags Ende September unsicher. Die Koalition hat im Parlament nur einen Vorsprung von 19 Stimmen - und ist damit auf die Hilfe der Opposition angewiesen.

In den Reihen von Union und FDP machen die Gegner der Milliardenhilfe für schwächelnde Euro-Länder zudem weiter Front gegen Geldtransfers - und haben mit einem Stopp der Zahlungen an das hochverschuldete Griechenland gedroht. Unionsfraktionsvize Michael Fuchs sagte der "Bild"-Zeitung, Voraussetzung dafür sei ein positives Ergebnis der Prüfungen durch die EU-Kommission, die Europäische Zentralbank und den Internationalen Währungsfonds. "Erst wenn die Troika grünes Licht gibt, darf es weitere Hilfen für Griechenland geben." Ähnliche Worte fand der FDP-Obmann im Finanzausschuss, Daniel Volk.

Griechenland soll aus der Euro-Zone austreten

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Holger Zastrow forderte die griechische Regierung auf, die Sparanstrengungen ernst zu nehmen. "Solidarität ist keine Einbahnstraße", sagte er dem Blatt. "Wer seine Hausaufgaben nicht macht, muss unter Umständen damit rechnen, kein Geld mehr zu bekommen."

FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms bekräftigte seine Forderung nach einem Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone. Solms sagte der Ulmer "Südwest-Presse", das Land habe die Bedingungen für finanzielle Hilfen immer wieder nicht eingehalten. "Das kann auf Dauer nicht zugelassen werden." Auch andere Staaten kämen in die Versuchung, so zu verfahren und auf Kosten der stabilen Länder eine unverantwortliche Ausgabenpolitik zu betreiben."

Solms versuchte, den Griechen einen Euro-Austritt schmackhaft zu machen. "Das Land hätte wieder eine nationale Währung und könnte sein Wirtschaftssystem anpassen, auf Leistungsfähigkeit achten und allmählich das gesamte Finanzsystem stabilisieren", sagte er. Die Abwertung einer neuen Drachme steigere die Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Wirtschaft.

Anlass für den Unmut sind neue Irritationen über die Fortschritte Griechenlands auf seinem Sparkurs. Am Wochenende hatten die Inspektoren der drei Geldgeber EU, EZB und IWF überraschend das Land verlassen. Sie sollten grünes Licht geben für die Auszahlung der sechsten Tranche über acht Milliarden Euro aus dem insgesamt 110 Milliarden Euro schweren ersten Paket. Bereits bei der fünften Tranche vor drei Monaten hatte es ein wochenlanges Hickhack gegeben, das schließlich zur Verabredung eines zweiten Hilfspakets geführt hatte. Daran sollen sich erstmals auch die privaten Gläubiger beteiligen.

SPD fordert Gegenleistungen

Auch wenn Union und FDP keine eigene Mehrheit im Parlament zustande bekommen, galt bislang die Zustimmung des Bundestags zur Ausweitung des Rettungsschirms als sicher - weil angenommen wird, dass SPD und Grüne ebenfalls zustimmen. Jetzt sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles, Merkel könne von den Sozialdemokraten keinen Blankoscheck für die Unterstützung der schwankenden Koalitionsmehrheit erwarten.

Nahles sagte, die Abstimmung über die Euro-Rettung sei eine Zerreißprobe für die Koalition. Die SPD habe Merkel zwar angeboten, auch schwierige Entscheidungen mitzutragen. Sie werde die Regierung in dieser Frage aber nicht bedingungslos unterstützen. Nahles forderte Zugeständnisse bei anderen Punkten. "Wir brauchen eine Finanztransaktionssteuer und einen Mix aus Investitionen und Sparbemühungen in den von der Krise betroffenen Ländern", so Nahles in der "Passauer Neuen Presse".

Die Euro-Hilfen und die Griechenland-Probleme beherrschen auch die am Dienstag beginnenden Haushaltsberatungen des Bundestags. Der EFSF-Fonds soll neue Instrumente erhalten und mit einem auf 780 Milliarden Euro aufgestockten Garantierahmen schlagkräftiger werden. Deutschland schultert davon 211 Milliarden Euro - notfalls bis zu 253 Milliarden Euro, wenn ein klammes Euro-Land als Bürge ausfällt.

Quelle: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,784557,00.html